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Call for Papers (06/2021) für “Phase 2”

Mit dem Blog SozPäd Corona (https://sozpaed-corona.de/) wird seit den ersten Monaten der gegenwärtigen Pandemiekonstellation eine reflexive Vergewisserung in Bezug auf sozialpädagogische Konsequenzen angestrebt – auch, um mögliche Gestaltungen bzw. Positionierungen zu diskutieren. Ein Jahr später möchten wir nun Autor:innen mit dem vorliegenden Call einladen, Beiträge im Kurzformat einzureichen, die sich der verstetigten Pandemiekonstellation aus einer sozialpädagogischen Perspektive widmen.

Dabei interessieren uns insbesondere die im Folgenden umrissenen Fragen:

  • Veränderte und sich verändernde Körper-/Leibverhältnisse unter den Bedingungen der Corona-Pandemie: “Wie verändert sich das Verhältnis von Körperhaben zum Leibsein und welche Auswirkungen hat dieses im Verhältnis zum eigenen Selbst, im Verhältnis zum/zur Anderen und zur Welt?”; “Hat sich die Aneignung von Welt auf einer körperlich-leiblichen Ebene bei den Akteur:innen im sozialpädagogischen Bereich angesichts der Pandemie verändert?”
  • Damit eng verknüpft ist die Frage nach möglichen Veränderungen des Verständnisses und der Praxis von Sorge resp. care, welche in der Pandemiekonstellation weniger auf das unmittelbare Wahrnehmen des Leidens eines Gegenübers bezogen sind, sondern vielmehr zu einer ‘distanzierten’ Sorge von anderen wie sich selbst im Sinne des Gesundheitsschutzes wurden: “Verändern sich Sorge- und Careverhältnisse durch ihre Ausrichtung auf den Gesundheitsschutz – und wenn ja, in welcher Art und Weise?”; “Belebt diese Erfahrung die ‘Solidarität unter Fremden’ (Brunkhorst) und führt in eine post-neoliberale Phase, die die zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung von Sorge und Care überwinden hilft?”; “Oder befördert die Pandemie eine staatliche Biopolitik, die zu einer rel. umfassenden (digitalen wie analogen) Kontrolle der Körper führen wird?”
  • Damit verbunden stellen sich Fragen der Neucodierung des Verständnisses von Vertrauen und Misstrauen, die sich mit der Corona-Pandemie ergeben können: “Werden durch die Corona-Pandemie Vertrauens- resp. Misstrauensverhältnisse neu konfiguriert?”; “Wie verändern sich dadurch soziale Begegnungen aber auch soziale Figurationen im öffentlichen wie im privaten Raum?”
  • Werden bisherige zentrale Felder der Vergesellschaftung (Familie, Bildungssystem, Nachbarschaften etc.) in sich und in ihrem Verhältnis zueinander strukturell neu geordnet? Wie? [Ggf. ist die Aufregung um die “Cancel Culture” u.ä. gerade als Antwort auf solche Tendenzen zu lesen …] Welche politischen und welche ethischen Transformationen zeigen sich dabei – für den gesellschaftlichen Diskurs, für die Selbstverhältnisse der Individuen und Gruppen?
  • Lassen sich Differenzen bei der Anrufung der Individuen und der Gruppen ausmachen, die sich in der sozialen wie der politischen Praxis anders darstellen? [Z.B. die Adressierung “systemrelevanter” Berufe und die anders gelagerte finanzielle und materielle Steuerung gesellschaftlicher Ressourcen; auch die Beteuerung der Bedeutung von Bildung und sozialem Zusammenhalt – bei ungleicher Förderung verschiedener Branchen etc.]
  • Fragen stellen sich aber auch für die Herstellung von Arbeitsbeziehungen in den sozialpädagogischen Handlungsfeldern: Durch die Corona-Pandemie verändern sich die Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit: “Wie können diese Veränderungen beschrieben werden und was bedeuten diese auf lange Sicht für die Mitarbeitenden und die Organisationskultur?”
  • Schon jetzt sind erste Einsparungen in den Kommunalhaushalten mit Verweis auf die Pandemie bemerkbar und weitere sind kurz- wie mittelfristig absehbar, was wiederum zu Finanzierungslücken in den Arbeitsbereichen der Sozialen Arbeit führen kann. Hieran angeschlossen stellen sich politisch-ökonomische Fragen. So haben die öffentlichen Investitionen zur Bewältigung der Krise eine neue Verschuldung mit sich gebracht, die im Widerspruch zur wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ausrichtung an der Schuldenbremse und der so genannten schwarzen Null der vergangenen Jahrzehnte steht. Folgt dieser kurzen Phase einer krisenbezogenen Investitionspolitik nun eine Phase der erneuten ‘Schuldenbremsenpolitik’ oder kann die Krisenerfahrung zu einem politisch-ökonomischen Umdenken beitragen und so öffentliche Investitionen für die notwendige sozial-ökologische Transformation anschieben?”
  • “Welche Konsequenzen für die Lebenslage der Menschen als Adressat*innen der Sozialen Arbeit wie für die Infrastruktur personenbezogener sozialer Dienstleistungen können ausgemacht werden?”
  • “Welche politischen Re-Regulationen sind als Antwort auf die Covid-19-Pandemie gegenwärtig erkennbar und welche Konsequenzen werden diese für die Soziale Arbeit haben?”
  • “Inwiefern haben sich unter den Pandemiebedingungen die Möglichkeiten zur (politischen) Partizipation verändert?”
  • “Was bedeuten solche Entwicklungen für die Frage sozialer Teilhabe?”
  • Auch die Praxis an den Hochschulen hat sich mit Beginn der Pandemie stark gewandelt. Empirische Forschungsvorhaben mussten vielfach pausieren oder konnten gar nicht durchgeführt werden: “Welche alternativen Vorgehensweisen wurden gefunden und wie wurden im Fall von Lehrforschungsprojekten oder Qualifikationsarbeiten Begleitungs- und Betreuungsbedingungen ggf. angepasst?”
  • Lehrveranstaltungen können aktuell fast nur noch digital angeboten werden, was nicht nur neue didaktische Herausforderungen oder technische Herausforderungen mit sich bringt, sondern auch soziale Folgen für Studierende und Lehrende hat. Eine mögliche Folge sind veränderte Übergangsentscheidungen etwa vom Bachelor- zum Masterstudium: “Wie gelingt die Bewältigung auf Seiten der Studierenden / wie auf Seite der Lehrenden?”; “Wo zeigen sich neue Belastungen angesichts der veränderten Arbeitsbedingungen im Homeoffice?”; “Inwiefern entlasten die Verlängerungsmöglichkeiten von Arbeitsverträgen (WissZeitVG) wissenschaftliche Mitarbeiter:innen?”; “Welche Konstellationen werden bisher nicht berücksichtigt oder durch Maßnahmen begleitet?”; “Welche Rolle spielt hierbei die akademische Selbstverwaltung?”; “Was bedeuten die derzeitigen Erfahrungen für gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft “nach” der Pandemiesituation?”

Wir wünschen uns zu diesen oder anderen relevanten Fragen gleichermaßen empirische Analysen, die einen Einblick in die Bedeutung der Corona-Pandemie für die Sozialpädagogik geben; theoretische Reflexionen; Berichte von Zeitzeug:innen und Schlüsselpersonen aus den Handlungsfeldern der Sozialpädagogik, die bereit sind, ihre Erfahrungen und Beobachtungen reflexiv einem sozialpädagogisch interessiertem Publikum zur Verfügung zu stellen.

Einreichungen sind als kurze Originalbeiträge im Format von 10.000-12.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen) jederzeit möglich. Eingehende Beiträge werden einem internen Reviewprozess unterzogen. Angenommene Beiträge werden ausschließlich als Open Access-Beiträge publiziert und dazu mit einer DOI versehen. Podcasts sind ebenfalls möglich. Für diese erbitten wir Vorschläge (kurzes Abstract von ca. 500 Zeichen) vorab an die Herausgeber:innen (via E-Mail):

kontakt@sozpaed-corona.de

Juni 2021

Anselm Böhmer (Ludwigsburg); Mischa Engelbracht (Erfurt/Wuppertal); Bettina Hünersdorf (Halle); Fabian Kessl (Wuppertal); Vicki Täubig (Rostock)

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