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Alltag in Zeiten von Corona aus Sicht der Masterstudierenden Kindheit, Jugend und Soziale Dienste

Erste Begegnung

Es ist März 2020. Ganz unterschiedlich, und auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, nehmen wir als Studierende[1] zum ersten Mal die Auswirkungen des Corona-Virus wahr. So ahnen einige bei der Ausbreitung in China bereits, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis das Virus auch in Deutschland ankommen würde. Eine Kommilitonin besucht kurz vor dem Ausbruch eine Ausstellung über die Pest und stellt sich vor, wie sich eine Pandemie in der jetzigen Zeit auswirken würde. Die ständige Präsenz des Virus in den Medien empfinden einige von uns bald schon als sehr belastend. Es scheint durch die permanente Berichterstattung „überall und immer gegenwärtig zu sein“.

Im Gegensatz dazu können sich andere Kommiliton*innen die Tragweite des Virus nicht ausmalen, wägen sich für eine Zeit in Sicherheit und gehen ihrem gewohnten Alltag nach. Unsere Kommilitonin beschreibt, wie sie damals erwartet habe, dass ihr gewohnter Alltag, den sie vor der Corona-Pandemie gelebt habe, zügig zurückkehren würde. Auch der ausgelastete Terminkalender mit Uniaufgaben, Hausarbeit, Kinderbetreuung, Nebenjob usw. lassen in den ersten Wochen der Pandemie wenig Raum, um sich mit den Folgen des sich ausbreitenden Virus zu beschäftigen. Vermutlich wird eine Vielzahl der Leser*innen folgende Aussage der Kommilitonin gut nachvollziehen können, in der sie die Veränderungen im Alltag überraschend feststellt: „Doch als ich in die City Arkaden eintrat, wurden mir die Ausmaße der Corona-Pandemie erstmals richtig bewusst. Noch nie hatte ich erlebt, dass die Menschen gezielt mit ihren Ellenbogen die Türen aufdrückten, um nichts anfassen zu müssen.“

Mit der räumlichen Annäherung des Virus – erste europäische Länder sind betroffen und der erste große Ausbruch in Heinsberg ist zu verzeichnen – rückt uns die Konstellation auch mental näher. Die Pandemie bestimmt nun zunehmend unsere Kommunikation – mit der*dem Lebenspartner*in, Freunden und beschäftigt uns sogar im Traum. Es entsteht ein Bewusstsein der verschärften Lage.

Einige von uns gehören selbst zu den so genannten „Risikogruppen“, andere haben nahestehende Personen, die besonders gefährdet sind. All das macht uns die Gefahr durch das Virus immer deutlicher. Die Mitte März 2020 im Zuge des ersten Lockdowns verordneten konkreten Einschränkungen des öffentlichen Lebens, wie z.B. die Schließung der Geschäfte, die Kontaktverbote, die Maskenpflicht, die Schließung von Einrichtungen, in denen wir arbeiten oder die Absage von Veranstaltungen wirken sich direkt auf unseren Alltag als Studierende aus. Spätestens jetzt realisieren wir alle, dass „Corona“ als Pandemie eine weltweite Krise ausgelöst hat.

 

Pläne und Spontanität

Nicht nur die Einschränkungen im Alltag, sondern auch langfristige Pläne, die abgesagt, verlegt oder digitalisiert werden müssen, sind im Frühjahr 2020 von den Pandemie-Maßnahmen betroffen. Darunter fallen Veranstaltungen, wie der DGfE-Kongress im März, der im Rahmen eines Seminars unseres MA-Studiengangs besucht werden sollte, geplante Urlaubsreisen, die für die vorlesungsfreie Zeit angedacht sind, geplante Auslandsaufenthalte im Rahmen des Studiums oder Treffen mit Freunden und Familie.

Termine, die aus dem Terminkalender gestrichen werden, eröffnen neue Zeitressourcen. Diese haben wir für Aufräum-, Sortier-, Putz- und Seminararbeiten genutzt. Manches Mal finden wir uns aber auch in Situationen der Langeweile wieder.

Im Rückblick reflektieren zwei Kommiliton*innen, wie spät sie die Auswirkungen wahrgenommen hatten, da einer im Marokkourlaub wenig von der Pandemie mitbekam und die andere die Hoffnung nicht aufgeben wollte, eine lang ersehnte Reise nach Peru anzutreten, und bis zur Stornierung des Flugs am Abreisetag die Tragweite des Virus ignoriert hatte. Dagegen führt der Todesfall eines deutschen Touristen im geplanten Urlaubziel bei einer Dritten zu einer frühen Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Virus und mit der Frage von notwendigen Schutzmaßnahmen.

Die Unmöglichkeit und das Fehlen von spontanen Treffen und Erledigungen, wie z.B. das übliche Kaffee trinken mit den Kommiliton*innen in den Seminarpausen, der Smalltalk mit den Arbeitskolleg*innen im Büro oder ein spontaner Einkauf ohne Vorbereitung verstärkt unsere Sehnsucht nach Freiheit. Wir vermissen die Momente, in denen wir in die Pausengespräche gehen können und auf zufällige Begegnungen sowohl im beruflichen als auch privaten Kontext treffen.

Was wir der aktuellen Situation positiv abgewinnen können, zeigt unsere Kommilitonin, indem sie ihren Alltag in Form einer Tabelle dokumentiert und in der Anfangszeit genau plant. Eine Dokumentation des eigenen Mediennutzungsverhalten, der Aktivitäts- und den Essenszeiten sowie der Zeiten zum Verzehr von Lebensmitteln soll die Kontrolle über den plötzlich so unstrukturierten Alltag gewährleisten.

 

Soziale Kontakte

Ein Punkt, der sich durch die Corona-Pandemie ganz besonders für uns verändert, sind die sozialen Kontakte zu Kommiliton*innen, Freund*innen und zur Familie. Insbesondere der persönliche Kontakt leidet unter Corona. An dieser Stelle tritt das „Schreiben per WhatsApp, Anrufe oder Zoom-Meetings“, was unserer Meinung nach, den persönlichen Kontakt nicht ersetzen kann. „Die Treffen mit meinen Kommilitonen für Referate und Hausarbeiten werden auf Skype-Konferenzen umgelegt und entwickeln somit einen ‘Seminarcharakter‘“. Trotzdem fehlt uns der Austausch mit Studierenden vor, zwischen und nach den Seminaren. In einer „Zeit, in der man wahrscheinlich den ständigen Kontakt am meisten braucht, ist dieses Kontakthalten in manch einem Moment sehr schwierig“. Um nicht komplett allein und isoliert zu sein, sind einige von uns zumindest zweitweise zurück zu ihren Eltern gezogen. Wir erleben die eingeschränkten Kontakte als Belastung, da die Mehrheit von uns sich „allein fühlt“. Insbesondere der persönliche Austausch zwischen unseren Kommiliton*innen, durch Diskussionen und Gruppenarbeiten in den Seminaren, ein fester Bestandteil unseres Studiums, fehlt. Innerhalb kürzester Zeit verändert sich aber nicht nur das berufliche und universitäre Leben, sondern auch unsere Freizeitgestaltung. Das Verweilen mit Freunden in einem Café oder Restaurant ist zu einem Spaziergang mit to-go-Getränken und Snacks umfunktioniert. Das übliche Wochenendszenario im Wuppertaler Luisenviertel findet nun mit dem Lieblingsgetränk vor der Webcam statt. Außerhalb der eigenen Vierwände wird ein „kleiner Stofffetzen zum treuen Alltagsbegleiter“. „Zusätzlich denke ich mittlerweile beim Verlassen des Hauses an meine Mund-Nasen-Bedeckung genauso sehr wie an meinen Haustürschlüssel, um jederzeit spontan in den nächsten Supermarkt, den Bus oder die Schwebebahn hüpfen zu können.“ Wir machen unter anderem die Erfahrung, wie sehr sich unsere Wahrnehmung durch das Tragen von Masken verändert: „Zudem empfinde ich die Einführung der Maskenpflicht als starke Einschränkung und zusätzliche Anstrengung in der sozialen Interaktion. Mimik und Gestik fallen aufgrund dessen komplett weg und ich nehme dabei nicht nur andere Menschen anders wahr (unfreundlicher), sondern sie auch mich.“

 

Uni@Home[2]

Bereits im März stellt Covid-19 die gesamte Struktur des universitären Alltags auf den Kopf: Wir stecken an sich mitten im Schreibprozess schriftlicher Arbeiten, die bis Ende März fällig sind. Doch plötzlich macht uns die Schließung der Universitätsbibliothek einen Strich durch die Rechnung. Nun stehen wir vor etlichen Herausforderungen. Zum Teil kommen haben wir das Glück, dass uns bis Mai Aufschub gewährt wird. Dennoch führt zu diesem Zeitpunkt die schlagartige Umstellung zu Irritationen, die aber offensichtlich nicht nur uns, sondern auch die Lehrenden aus dem Konzept bringt. Die Absage einer Exkursion im Rahmen eines Seminars stellt ein passendes Beispiel für diese Situation dar. „Diese Meldung kam mit der Besorgnis darüber, dass das öffentliche Leben eingeschränkt wird“. Im gleichen Atemzug befinden wir uns im digitalen Studier-Modus „Uni@Home“. „Aufgrund der angeordneten Kontaktbeschränkungen habe ich meine Kommilitoninnen und Freundinnen dieses Semester noch nicht gesehen. Die Seminare, die ich in diesem Semester besuche, sind zwar durchaus spannend, doch werden sie in einer Art und Weise abgehalten, die mir noch nie zuvor während meiner universitären Laufbahn begegnet ist: digital mittels Videokonferenzen oder auf Chatplattformen. Jede beteiligte Person befindet sich an einem anderen Standort, von dort aus wird sich in einem virtuellen Raum begegnet.“

An diesem Punkt erleben wir die Vorzüge der digitalen Lehre, die nun zum Vorschein komme: Eine Kommilitonin spart täglich ungefähr 2,5 Stunden Fahrzeit. Eine solche Flexibilität ist für viele von uns ein großer, entscheidender Vorteil. „Trotz dieser Einschränkungen empfinde ich die Entscheidung, die Lehre nun von zu Hause aus durchzuführen, als richtig und sehr wichtig. Seit diesem Beschluss nutze ich meine Zeit zugunsten der Veranstaltungen und deren Inhalte wesentlich effektiver und arbeite effizienter, da mir beispielsweise lange Fahrzeiten mit der Bahn erspart bleiben“. Zugleich machen sich die Schattenseiten, wie das Gefühl der ständigen Verfügbarkeit und die steigende Erwartungshaltung vonseiten der Lehrenden, bemerkbar: „Jetzt, mitten im digitalen Universitätsalltag, spontanen Arbeitsaufträgen per Mail um acht Uhr abends und der kontaktlosen Kommunikation wird erst klar, wie sehr sich Corona auf den Alltag auswirkt. Spontane Sprechstundentermine, Smalltalk mit Kommiliton*innen, ein schneller Kaffee mit einer Freundin in der Mensa oder mal eben an einer Tür klopfen und nach einem Arbeitsauftrag fragen, fällt weg.“

 

Wohnen und Familie

Grundsätzlich sind wir mit der eigenen Wohnsituation zufrieden. So erkennen wir einerseits das Alleinwohnen als Privileg an und schätzen andererseits vermehrt das gemeinschaftliche Wohnen. Eine große Herausforderung ist es jedoch, eine Balance zwischen Home-Office, Uni@Home, der Freizeitgestaltung sowie den alltäglich anfallenden Hausarbeiten und gegebenenfalls der Kinderbetreuung zu finden. Einige wenige von uns sind zurück in die Heimat gefahren: “Ich habe dann noch einen Abend in meiner Wohnung in Wuppertal verbracht, um meinen Koffer umpacken zu können, und bin dann spontan wieder zurück zu meinen Eltern gefahren. In meiner WG in Wuppertal wäre ich alleine gewesen und hätte auch nicht den Garten und die guten Bewegungsmöglichkeiten gehabt, die ich bei meinen Eltern habe.“ Im Gegensatz zum Einpersonenhaushalt lebt eine Kommilitonin in einer Großwohngemeinschaft, die aus 22 Personen besteht. Aufgrund von Corona bleiben alle überwiegend zuhause. Dies fordert von der Gemeinschaft, sich intensiver aufeinander einzustellen. „Meine WG […] beschließt für den Abend ein Corona-Krisen-Gespräch. […] Na das kann ja lustig werden. Mit rund 22 Menschen aufeinander zu sitzen. Wir beschließen neue Regel, eine davon ist zum Beispiel: Jeder, der das Haus verlassen hat, muss sich am Eingang die Hände gründlich waschen. Des Weiteren wird herum fantasiert, wie gehandelt wird, wenn sich einer infiziert.“

Während der „Uni@Home“-Modus für einen Teil von uns eine Chance darstellt, im Alltag mehr Zeit zu sparen, führt die digitale Lehre für andere zu erheblichen Problemen. In dem Kontext schildert unsere Kommilitonin, wie schwierig sich das Koordinieren verschiedener Bedürfnisse der Familienmitglieder und der universitären Pflichten darstellt. „Kind 3 bekommt schon wieder Zähne. […] Die Hausarbeit muss ich auch noch schreiben, allmählich wird es knapp. Gliederung steht und Literatur ist ausgewählt. Ich muss mich einfach jeden Abend aufraffen und schreiben. Mein Partner macht ab sofort Homeoffice (irgendwie). Nun heißt es […] unterschiedliche Bedürfnisse und Pflichten von 5 Personen koordinieren, verhandeln, erfüllen, aufschieben, in der Hoffnung auf konfliktarmes Zusammensein. Corona wird damit zu einer sehr konkreten Tatsache.“ Familie, Studium und Beruf während der Pandemie unter einem Hut zu bekommen, ist eine weitere Herausforderung für uns.

Eine besonders große Umstellung bringt das Einkaufen im Supermarkt mit sich. So kann sich wohl ein Großteil der Leser*innen mit folgender Aussage identifizieren: „Ein überfüllter Parkplatz, leerstehende Regale bzw. ausverkaufte Produkte und eine endlos lange Schlange an der Kasse. Nicht einmal an Vorfeiertagen habe ich jemals einen Supermarkt so angetroffen.“

 

Berufliche Tätigkeiten

Neben der Vereinbarkeit von Familie, Studium und Beruf rücken die Sorgen über die Finanzierung des Studiums in den Fokus, die unseren Alltag begleiten: „Werden unsere Fachleistungsstunden weiter vom Jugendamt bezahlt? Gerade unsere Familien, welche auf Hilfe im Alltag angewiesen sind, brauchen einen engen Kontakt, wenn Institutionen wie Schulen und Kindergärten wegfallen.“ Solche Sorgen erlischen aber, als die Freundin mitteilt, dass sie sich vielleicht infiziert habe. „Plötzlich erreicht mich nach all dem Trubel auch noch die Nachricht einer Freundin, zu der ich in dieser Woche noch Kontakt hatte. Sie offenbart mir, dass sie unter dem Verdacht steht, sich mit dem Corona-Virus infiziert zu haben. In diesem Moment ist mir die Finanzierung meines Studiums oder dessen mögliche Verzögerung ganz egal. Mir schießen nur noch die Gedanken durch den Kopf, wie es wohl meiner Freundin gehen mag und dass ich mich eventuell mit dem Corona-Virus angesteckt haben könnte.“ Gleichzeitig dringt bei anderen eine gewisse Form von Erleichterung inmitten der Pandemie durch: „Darüber hinaus bin ich sehr froh darüber, dass ich meinen Nebenjob von zu Hause aus ausüben kann.“

Ungewöhnlich ist für uns, dass die Grenzen zwischen dem Berufsalltag und des privaten Raums so ineinander verschwimmen: „Fast alles findet zuhause statt: Uniaufgaben und Seminarbesuche finden in der Küche statt […], Videotelefonate für die Arbeit führe ich in meinem Zimmer durch und auch Freizeitaktivitäten mit Freund*innen finden zuhause über das Internet statt“.

Doch über die Situation der Nutzer*innen sozialer Dienstleistungen machen sich Bedenken bemerkbar. So bereiten zahlreiche Fragen einer Kommilitonin Kopfzerbrechen: „Wie sollen Kontakte zu den Familien aussehen? Wie halten wir unsere Beziehungen zu unseren Klienten? Wie strukturieren wir unsere Arbeit als Team (Gemeinschaftsbüros, Teambesprechungen, Supervision)?“ Eine weitere Kommilitonin teilt ihre Erfahrungen innerhalb der Kita mit: „Besonders um die Kinder mit Förderbedarf machten wir uns große Sorgen. Dennoch äußerten auch einige meiner Kolleginnen ihre Ängste, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren. Diese konnte ich gut nachvollziehen, da es in einer Kita kaum möglich ist, den nötigen Sicherheitsabstand zu wahren.“

Sich ehrenamtlich zu beteiligen ist ein weiteres Anliegen, das sich in unseren Reflexionen zeigt: „Letztlich steht bei mir im Vordergrund, dass wir uns mit der gegenwärtigen Situation arrangieren müssen und besonders Menschen Aufmerksamkeit schenken müssen, die über wenig Ressourcen im Sinne der Bewältigung der Krise verfügen: Kinder, physisch und psychisch erkrankte Menschen, von der Existenz bedrohte sowie ältere Menschen.“ Insgesamt führt das Sammelsurium von Sorgen und Pflichten zu einer erheblichen Belastung, die viel Kraft kostet. Trotzdem versuchen wir uns nicht unterkriegen zu lassen, indem wir dem Virus anhand von neuen Bewältigungsstrategien Paroli bieten.

 

Fazit: Neue Bewältigungsstrategien & was wir daraus mitnehmen können

Aufgrund der Tatsache, dass uns die Corona-Pandemie vor etliche Herausforderungen stellt, haben wir neue Strategien entwickelt, um mit der besonderen Situation zurechtzukommen. Der Alltag „wird nun wesentlich bewusster wahrgenommen und mehr strukturiert“, damit wir besser zwischen Privatleben, Uni und Beruf unterscheiden können. Spaziergänge werden bei einigen von uns zur neuen Routine, um frische Luft zu bekommen und um einfach mal rauszukommen. Dennoch empfinden viele von uns den Uni@Home-Modus als große Belastung, gegen die wir bis heute vehement ankämpfen. Unserer Meinung nach ist die Annahme vonseiten der Lehrenden, dass wir zum Beispiel anstelle der Fahrzeiten über mehr zeitliche Ressourcen verfügen, ein Trugschluss. Denn häufig ist genau das Gegenteil der Fall und wir sind verstärkt Mehrbelastungen ausgesetzt. Trotzdem nehmen wir eine erhöhte Erwartungshaltung wahr. All diese Faktoren wirken sich nicht nur auf unsere Leistungserbringung, sondern auch auf unsere psychische Verfassung aus, die Spuren hinterlassen haben. Letztendlich wollen wir unserem Anspruch hinsichtlich der Leistungserbringung gerecht werden, stoßen hierbei jedoch an unsere Grenzen. Zusätzlich hinterlässt die Tatsache, dass wir uns vermutlich bis zum Ende unseres Studiums nicht mehr in Präsenzveranstaltungen sehen werden, wahrlich einen bitteren Beigeschmack.

Gleichzeitig haben wir uns gefragt, ob neben den Belastungen positive Effekte durch Corona sichtbar sind. Viele versuchen aus der belastenden Situation etwas Positives mitzunehmen. „Die Situation [birgt] auch neue Chancen: natürliche Einstellungen werden reflektiert, die Lebenswelt nicht mehr als ungefragt und naive Selbstverständlichkeit wahrgenommen und somit Weiterentwicklung vorangetrieben“. Man kann sich „wieder mehr auf das Wesentliche und Wichtige im Leben konzentrieren“ und Familie und Freund*innen mehr Interesse und Aufmerksamkeit schenken. Die „drei Wochen des Stillstands“ im März/April wurden als „befreiend“ angesehen, da der „gesellschaftliche Druck [fehlte], sich beeilen zu müssen oder produktiv zu sein“.

Trotz allem Optimismus geht aus unseren Reflexionen insgesamt hervor, dass wir als Studierende in der Corona-Pandemie besonderen Herausforderungen ausgesetzt sind. Daraus sind zum Teil verschiedene Handlungsstrategien entstanden. Dennoch möchten wir hervorheben, dass die Situation von uns schon zu Beginn der Pandemie als sehr belastend wahrgenommen wurde und auch anhaltend als belastend empfunden wird. Mit dem kommenden Sommersemester 2021 laufen wir auf das dritte Semester im Uni@Home-Modus zu, für viele für uns das letzte Mastersemester. Eine Rückkehr zum „normalen“ Uni-Alltag ist somit für viele ausgeschlossen, was der Beendigung des Masters wahrscheinlich eine deutlich gedämpftere Atmosphäre verleihen wird. Daher stehen wir dem nächsten Semester mit gemischten Gefühlen gegenüber und hoffen, dass wir zumindest die Master-Thesis unter angemessenen Bedingungen anfertigen können.

 

Zitiervorschlag: Celik, Karna; Flaswinkel, Coralie; Lang, Maike & Prill, Imke (2021): Alltag in Zeiten von Corona aus Sicht der Masterstudierenden Kindheit, Jugend und Soziale Dienste. In: Böhmer, Anselm; Engelbracht, Mischa; Hünersdorf, Bettina; Kessl, Fabian; Täubig, Vicki (Hrsg.): Soz Päd Corona. Der sozialpädagogische Blog rund um Corona. http://dx.doi.org/10.25673/36318.

 

[1] Im Sommersemester 2020 haben wir im Rahmen unseres Masterstudiengangs „Kindheit, Jugend und Soziale Dienste“ an der Bergischen Universität Wuppertal das Seminar „Kritische Alltagstheorie (Kosik) als Grundlage der Lebensweltorientierung“ bei Sarah Henn besucht. Eine Aufgabe im Seminar war im Mai 2020 die Anfertigung einer ‚Corona-Reflexion‘, in der wir beschreiben sollten, wann und wie wir Corona als ein Phänomen wahrgenommen haben, das unseren Alltag einschränkt. Aus einigen dieser Reflexionen ist der folgende Beitrag entstanden, der den Alltag in Zeiten von Corona aus Studierendensicht beschreiben soll. Herzlichen Dank an unseren Kommiliton*innen Laura Czech, Kassandra Dahlmann, Henrike Deitert, Tugce Güler, Eva Jonen, Christina Oncale, Henrik Overmann, Rebecca Rokowski, Pia Schiwy, Julia Schmitz, Franziska Schmülling und weiteren – dafür, dass sie ihre Reflexionen zur Verfügung gestellt haben.

[2] An der Bergischen Universität Wuppertal haben alle Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2020 im Rahmen des „Uni@Home“-Modus in digitaler Form von Podcasts und Zoom-Konferenzen stattgefunden.

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